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Meine Entdeckung in Deutschland

Plakat zur Ausstellung von Paula Modersohn-Becker, vor der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main
© privat

Ob Walnussbrötchen, Sandstrände oder der Wechsel der Jahreszeiten – jede der fünf hat etwas Besonderes entdeckt.

Natia

Deutschland ist das Land, in dem man in vielen Bereichen etwas Neues entdecken kann. Meine erste Entdeckung sind die köstlichen Walnussbrötchen. Dieses Gebäck ist ein richtiger Genuss für mich und bereichert meine Mahlzeiten. Da ich Walnussbrötchen oft esse, habe ich recherchiert, was alles darin steckt. Dabei habe ich herausgefunden, dass sie ein wichtiger Energielieferant für den Tag sind und weder Weißmehl noch Zucker enthalten. Mit etwas Herzhaftem wie beispielsweise Schinken, Käse, Frischkäse, Tomaten und Gurken, schmecken sie besonders lecker.

Meine zweite bedeutsame Entdeckung habe ich in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main gemacht: Dort habe ich die Ausstellung von Paula Modersohn-Becker besucht und dabei viel Neues erfahren. Die deutsche Malerin ist eine der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus. Die Kunst, die Paula Modersohn-Becker schuf, war schlicht, ausdrucksvoll und farbenprächtig. Der Name war mir bekannt, aber ich wusste zum Beispiel nicht, dass sie zwischen Niedersachsen (Worpswede) und Frankreich (Paris) pendelte. Diese Ausstellung war für mich ein Vergnügen, da ich auf viel Unerwartetes gestoßen bin.

In der Ausstellung habe ich zum Beispiel auch erfahren, dass die „starke Frau mit starken Händen“ eine erfolglose Künstlerin war, deren Werke Zeit ihres Lebens nicht anerkannt wurden. Sie starb früh, im Alter von 31 Jahren, hinterließ 700 Gemälde und 1.500 Arbeiten auf Papier. Die für die damalige Zeit mutige Malerin malte auf ihre eigenwillige Art und Weise Kinderbildnisse, nackte Bäuerinnen mit groben Zügen und außergewöhnliche Selbstbilder. Sie schuf etwas Zeitloses, das – besonders mich – bis heute fasziniert.

Gentiana

  • Bunt gestrichene Gartenlauben im Hintergrund, im Vordergrund ein Schild mit dem Titel "Historische Gartenlauben"
    © privat
  • Park mit mehreren Sitzbänken und Bäumen
    © privat
  • Verschiedene Blumen
    © privat
  • Ich habe schon sehr viele Museen besucht. Aber dieses Museum war etwas ganz Besonderes für mich: das Deutsche Kleingärtnermuseum. Grund ist, dass ich mit viel Natur um mich herum aufgewachsen bin. Meine Eltern hatten ein Haus mit Garten auf dem Land, mitten in einem kleinen Dorf. In der Großstadt hier in Deutschland habe ich das sehr vermisst.

    Das Deutsche Kleingärtnermuseum liegt in der Westvorstadt von Leipzig. Ich habe es durch Zufall entdeckt, als ich auf dem Weg zum Park war und den kürzesten Weg dorthin suchte. Ich ging einen schmalen Fußweg zwischen diesen kleinen Häuschen und Schrebergärten entlang und auf einmal war der laute Straßenlärm nicht mehr zu hören. Diese Stille kam so plötzlich – ich habe sie ungefähr dreihundert Meter lang sehr genossen.

    Auf dem Rückweg vom Park habe ich neugierig durch den Zaun geschaut, um herauszufinden, wie diese Häuschen gebaut sind und was in den Gärten gepflanzt wird: bunte Blumen, Kirsch- und Apfelbäume, Erdbeeren, Sonnenblumen, Kürbis und allerlei Gemüse, das ganz anders als im Supermarkt aussieht. Ich dachte: Was für eine tolle Idee! Ein Schild am Tor machte mir dann deutlich, dass es sich um ein Museum handelt. Kurzentschlossen habe ich mir eine Eintrittskarte gekauft und einen Rundgang gemacht.

    So konnte ich dann auch die Schrebergärten besichtigen. Jeder Garten hat eine Nummer und seine eigene Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert reicht. An jeder Tür hängt eine Informationstafel zu den früheren Gartenpächtern. Ich habe mir vorgestellt, wie Fleischermeister, Universitätsprofessor und Lehrer Zaun an Zaun gärtnerten. Während meines Spazierganges las ich Tor für Tor eine kurze Geschichte jeder Familie und jedes Gartens. Es ist schön, wie der Familienname durch den Garten weiterlebt.

    Eine wunderschöne Entdeckung und ich musste gar nicht lange danach suchen.

    Larissa

    Strand mit vielen Menschen und Strandkörben, im Hintergrund das Meer © privat

    Im Juli hat mich eine Freundin nach Kiel eingeladen. Ich kenne sie schon etwas länger, da sie vor einiger Zeit ein Praktikum an unserer Schule in Brasilien gemacht und bei mir gewohnt hat. Damals bin ich mit ihr zu einem brasilianischen Strand gefahren und jetzt wollte sie mir endlich einen deutschen Strand zeigen. Ich war sehr gespannt, hatte aber keine großen Erwartungen. Ich bin davon ausgegangen, dass es in Deutschland meistens Kiesstrände gibt, die nicht besonders schön aussehen. Und so war ich völlig überrascht und habe meine schönste Entdeckung gemacht: Sankt Peter-Ording.

    Sankt Peter-Ording liegt an der Nordseeküste, circa 120 Kilometer von Kiel entfernt. Das Wattenmeer ist Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Bei meiner Ankunft war ich verzaubert von den Deichen, der einzigartigen Landschaft mit der breiten Strandküste, dem weißen Sand, dem klaren Wasser und den Wellen.

    Den ganzen Tag durfte ich dort neue Entdeckungen machen: zuerst den FKK-Bereich mitten am Strand, dann die Pfahlbauten, die wegen der häufigen Sturmfluten gebaut wurden und zum Wahrzeichen des Ortes geworden sind. Auch die Strandkörbe haben mich beeindruckt. Als Wind aufkam, habe ich verstanden, warum man Strandkörbe statt Sonnenschirmen verwendet. Die Windstärke und der weite Strand haben das Kitesurfen dort zum Trendsport werden lassen.

    Egal ob man Sport machen, baden, sich sonnen, durch den feinsandigen Strand laufen oder einfach den Wind und die frische Luft fühlen möchte: Alle können in Sankt Peter-Ording wunderbare Momente erleben. Für mich war dieser Tag unvergesslich.

    Uyanga

  • Mehrere Fachwerkhäuser in einer Straße, von unten fotografiert
    © privat
  • Eine große Kirche mit mehreren Türmen
    © privat
  • Neues entdecken, erleben, erfahren – wie ein kleines Kind. Um das zu erreichen, gebe ich mich begeistert dem Augenblick hin und bin offen für alles, was das Leben für mich bereithält. Mein Jahr in Deutschland hat mir die Tür geöffnet, mich auf die Reise ins Unbekannte zu begeben und meine Neugier zu spüren. Um die Neugier zu wecken, stelle ich mir immer die Fragen „Warum?“ und „Wie?“. In der ersten Woche, als ich in Quarantäne war, habe ich mich gefragt: Warum läuten die Kirchenglocken überhaupt? Gibt es andere Anlässe außer den kirchlichen?

    Traditionell läuten die Kirchenglocken vor einem Gottesdienst, sodass sich die Gemeinde in der Kirche einfinden kann, sowie während des Gottesdienstes. Heutzutage gilt auch der sogenannte Stundenschlag, das regelmäßige Schlagzeichen zur vollen Stunde. Es stammt aus der Zeit des Mittelalters, als der Großteil der Bevölkerung keine Uhr hatte. Außerdem können die Kirchenglocken auch im Notfall geläutet werden, zum Beispiel bei Brand und Überschwemmung.

    In Bamberg gibt es schöne Kirchen und einen faszinierenden Dom. Deren Architektur erstaunt mich immer wieder. Barock, Gotik und Romantik: Jede Epoche hat ihre einzigartige Charakteristik. Der Bamberger Dom ist in seiner Architektur stilistisch kein einheitliches Bauwerk: für mich mischen sich die Stilelemente aus der Romanik und der Gotik ganz hervorragend! Während eines Spaziergangs durch die Stadt sind mir auch die verschiedenen Arten von Dächern aufgefallen: Sie sehen alle anders aus – mal hoch, mal niedrig, mal gewölbt. So vielfältig, obwohl sich die Häuser in einer Reihe befinden. Ich glaube, dass es in jeder Stadt in Deutschland etwas Besonderes zu entdecken gibt.

    Heidi

    Fluss, links und rechts von Bäumen umgeben © privat

    Deutschland habe ich als Naturparadies für mich entdeckt. Das Land ist einzigartig, ursprünglich und wild, mit beeindruckenden Tieren. Die Landschaft ist ganz anders als bei mir in Ägypten. Einfach märchenhaft. Der Wechsel der Jahreszeiten in Deutschland ist wie ein Wunder. Im Herbst entdecke ich jeden Tag ein neues Bild, das sich laufend verändert, und immer bunter, schöner und beeindruckender wird. Alle Laubbäume strahlen in prächtigen Farben. Rote, gelbe, braune und grüne Blätter hängen an den Ästen oder schmücken den Boden wie ein bunter Teppich.

    Die Vorstellung als Muslimin in Deutschland zu leben, bereitete mir vor meiner Abreise große Sorgen. Ich dachte, es würde für mich schwer sein, hier zu leben. In Deutschland angekommen, war ich erstaunt, dass Frauen und Mädchen mit Kopftuch in der Öffentlichkeit zu sehen sind und, dass sie von ihren Mitmenschen akzeptiert werden. Das war nicht nur sehr beruhigend, sondern ich war sehr froh, dadurch eine für mich ganz neue Seite der Deutschen entdeckt zu haben.

    Auch vor dem Fastenmonat Ramadan hatte ich große Bedenken. Da war es eine große Freude, dass meine Kolleginnen mehr davon erfahren und ihn mit mir zusammen erleben wollten. Gemeinsam haben wir traditionelle Ramadan-Speisen gekocht und nach Sonnenuntergang gegessen.

    Durch das Zusammenleben und die Toleranz in Deutschland fiel es mir leicht, mich zu integrieren, die Kultur besser kennenzulernen und schnell Freundschaften zu schließen. Als ich im Oktober zu Besuch in München war, habe ich mir sogar ein Dirndl ausgeliehen! Ich war sehr stolz, ein so schönes einheimisches Kleid tragen zu dürfen. Obwohl das Oktoberfest dieses Jahr nicht stattfinden konnte, war die Stimmung in München sehr schön und multikulturell.