
1/6 UNESCO-Welterbe – eine spannende Zeitreise
Die UNESCO hat weltweit über 1.000 Orte und Stätten zum Welterbe erklärt. Aber was bedeutet „Welterbe“ eigentlich? Dieser Frage gingen Schülerinnen und Schüler aus Göttingen nach und besuchten Welterbestätten in Deutschland und Südkorea.
Um drei Uhr morgens ist es wieder soweit. Die große Trommel ruft zum Frühgebet. Die Schülerinnen und Schüler des Hainberg-Gymnasiums in Göttingen finden sich mit den buddhistischen Mönchen im Tempel ein, der einsam in den Bergen Südkoreas liegt. „Wir haben zusammen mit den Mönchen viele Traditionen erlebt und das Leben im Kloster am eigenen Leib gespürt“, erzählt Marten (15). Der Schüleraustausch war für alle eine wertvolle und prägende Erfahrung. „Mich haben die Kultur und die Schönheit des Klosters beeindruckt. Es ist ein einzigartiger Rückzugsort“, sagt Emilia-Marie (16). Zweieinhalb Wochen lang lernten die Schülerinnen und Schüler die koreanische Kultur kennen und besuchten eines der wichtigsten Kulturdenkmäler des Landes: Haeinsa, einer der „Tempel der drei Juwelen“, welche als die wichtigsten buddhistischen Tempel Koreas gelten.
Der im Jahre 802 erbaute Tempel Haeinsa bildet das Zentrum der historischen Klosteranlage, wo sich über 80.000 buddhistische Schriften auf hölzernen Druckplatten befinden. Besucherinnen und Besucher haben die Möglichkeit, ein paar Tage zusammen mit den Mönchen zu leben und eine Welt zu erleben, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. „Dieser Ort und die Mönche strahlen Ausgeglichenheit und Ruhe aus, die im Kontrast zum normalen Alltag stehen“, erzählt Hanna (18). Sie und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler wohnten in einer kleineren Tempelanlage ganz in der Nähe des Hauptklosters. Mädchen und Jungen schliefen getrennt in großen Schlafsälen, auf einem angenehm beheizten Boden. Ab neun Uhr herrschte absolute Nachtruhe, bis auf den Mondschein gab es dann kein Licht mehr.
Welterbe zum Miterleben
„Die Trommelklänge, die absolute Stille und der Sternenhimmel
bleiben einfach im Gedächtnis“, sagt Lehrerin Monika Kleineberg. Seit 1994 haben das Hainberg-Gymnasium und die Daewon Foreign Language High-School in Seoul eine vom Pädagogischen Austauschdienst (PAD) des Sekretariats der Kultusministerkonferenz im Rahmen der PASCH-Initiative geförderte Schulpartnerschaft. Als Monika Kleineberg eines Tages bei einer
Fachtagung der UNESCO-Projektschulen erfuhr, dass eine Partnerschaft zwischen den Welterbestätten Kloster Lorsch und Haeinsa geschlossen wurde, war sie gleich
hellauf begeistert. Im Jahr 2005 organisierte sie erstmals den Besuch beider UNESCO-Welterbestätten. Die Schülerinnen und Schüler können seitdem
unmittelbar selbst erleben, welche Bedeutung eine Welterbestätte hat.
„Für mich bedeutet Welterbe, dass besondere
Kulturgüter auf unserer Erde geschützt und erhalten werden, um den nächsten Generationen echte Einblicke in vergangene Zeiten zu bieten“, sagt Pia (18). Auch Hanna hat beim Besuch beider Welterbestätten vieles erlebt, was man sonst nur in Berichten oder Büchern liest: „Durch Welterbestätten ist es möglich, Stücke von Kulturen tatsächlich zu erleben und sich selbst einen Eindruck zu verschaffen anstatt nur davon erzählt zu bekommen“, sagt sie.
Reise ins frühe Mittelalter
Nach einem spannenden Aufenthalt in Südkorea besuchten die Schülerinnen und Schüler aus Seoul gemeinsam mit ihren Austauschpartnerinnen und Austauschpartnern die Welterbestätte Kloster Lorsch in Deutschland. Das Kloster wurde 764 gegründet und war einst eines der
mächtigsten Kulturzentren mit Verbindungen zur ganzen Welt. Beim Besuch der Klosteranlage
begeben sich die Besucherinnen und Besucher
auf eine spannende Zeitreise ins frühe Mittelalter. „Besonders beeindruckt hat mich das
Freilichtlabor Lauresham, die Königshalle mit ihrer bunten
Steinfassade und die Wiese dahinter, die viel größer war, als ich sie mir vorgestellt habe“, erzählt Marten. Neben der Führung durch das Klosterareal können Besucherinnen und Besucher an handwerklichen und kreativen Workshops teilnehmen. So konnten die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel lernen, wie man
töpfert und Kerzen, Bücher oder Hustensaft herstellt. Dabei werden die Techniken und
Tücken, Erkenntnisse und Schwierigkeiten deutlich, die die Menschen im Mittelalter
meistern mussten.
Der Besuch der Welterbestätte Kloster Lorsch war besonders für die Schülerinnen und Schüler aus Seoul eine unvergessliche Erfahrung. „Mein Austauschschüler Inseong Jung war beeindruckt von den Verbindungen der Klöster auf der ganzen Welt“, sagt Marten. „Meine Austauschschülerin Jaeyoung Kim fand es besonders bemerkenswert, dass sie eine fremde Kultur verstehen konnte und, dass es viele Gemeinsamkeiten zu entdecken gab, obwohl Südkorea und Deutschland so weit von einander entfernt liegen“, erzählt Hanna.
Ein Erbe, das die Welt verbindet
Obwohl der Tempel Haeinsa und das Kloster Lorsch ganz unterschiedlichen Kulturen angehören, haben sie doch vieles gemeinsam. „Beide Stätten
repräsentieren Wissen,
Weisheit und
intellektuelle Zentren der Vergangenheit“, sagt Christian (18). Sowohl Haeinsa als auch die Stätte Kloster Lorsch
beherbergen einen einzigartigen
Wissensschatz. In Haeinsa sind es die buddhistischen Schriften, die über die Druckplatten
vervielfältigt werden konnten. Das Kloster Lorsch wurde durch seine umfangreiche Bibliothek berühmt, deren Werke heute noch in Bibliotheken weltweit zu finden sind. Für Christian sind beide Stätten aber nicht nur ein wichtiger Teil unserer Vergangenheit. „Aus ihnen können wir
Schlüsse über das Leben damals
ziehen und Lösungen für die Zukunft finden“, sagt er.
Welterbestätten, da sind sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Austauschprojekts einig,
gehen jeden etwas an. „Eine Welterbestätte zeigt, wozu Mensch und Natur schon früher
im Stande waren und verbindet die Welt länderübergreifend“, sagt Marten. Und wenn die heutige Generation auf das Welterbe
achtgibt, haben auch die nächsten Generationen die Möglichkeit, aus der Vergangenheit zu lernen.

2/6 Was ist Welterbe?
Die Klosteranlage in Lorsch und der Tempel Haeinsa gehören zum sogenannten Welterbe. Doch was bedeutet „Welterbe“ eigentlich? Besondere Gebäude oder Orte auf der Welt geben Aufschluss über die Natur und Geschichte der Menschheit. Sie sind das „ Erbe der Welt“. Wer eine Welterbestätte besucht, erfährt unmittelbar, wie die Welt lange vor unserer Zeit war.
Es gibt noch viel mehr Kulturdenkmäler auf der Welt, die ein wichtiger Wissensschatz sind. Zusammen bilden diese Stätten unser „Weltkulturerbe“. Ihre Namen stehen auf einer Liste, die die UNESCO, eine Organisation der Vereinten Nationen, führt. Neben dem Weltkulturerbe gibt es auch noch das Weltnaturerbe, wie zum Beispiel das Great Barrier Reef vor der Küste Australiens oder die Galapagosinseln. Die Liste des Welterbes umfasst mittlerweile über 1.000 Stätten in 167 Ländern.
Was macht beide Orte zum Welterbe?
Für die UNESCO sind Welterbestätten Orte, die eine besondere Bedeutung für die Weltgemeinschaft haben. Die Stätten Kloster Lorsch und Haeinsa bieten einzigartige Einblicke in die Menschheitsgeschichte. Heute und in Zukunft können die Menschen unmittelbar erfahren, welche Kulturen es früher gab und wie die Menschen früher lebten.
Aber nicht nur das. Die Schriften, die beide Stätten beherbergen, sind ein unvergleichlicher Wissensschatz. Sie dokumentieren das gesammelte Wissen vieler Kulturen über die Jahrhunderte hinweg. Obwohl wir heute in einer Welt der schnellen Veränderungen leben, erleben Besucher in der Welterbestätte Kloster Lorsch und in Haeinsa immer noch Ruhe und Beständigkeit. Das macht Welterbestätten so besonders, sie sind einzigartige Denkmäler, die alle Zeiten überdauern und alle Menschen, wie ein unsichtbares Band, zu einer Weltgemeinschaft verbinden.

3/6 Wofür gibt es die UNSECO-Welterbe-Liste?
Welterbestätten sind einmalige Zeitzeugnisse. Um sie heute und auch in Zukunft erleben zu können, müssen sie von den jeweiligen Ländern geschützt und bewahrt werden. Die Liste der UNESCO soll dazu beitragen, dass sich die Länder an die Abmachung halten und auf ihre Welterbestätten besonders achtgeben.Zum Beispiel darf der Kölner Dom in Deutschland nicht einfach von anderen Hochhäusern zugebaut werden oder die uralten Lehmbauten des Dorfes Aït-Ben-Haddou in Marokko müssen regelmäßig erneuert werden. Nur, wenn alle Länder das Weltkulturerbe schützen, überliefern wir das Wissen über die Welt an die nachfolgenden Generationen. Wenn eine Welterbestätte bedroht ist, zum Beispiel durch eine Naturkatastrophe oder Krieg, setzt die UNESCO die Stätte auf eine Rote Liste, um weltweit darauf aufmerksam zu machen.

4/6 Was sind die Herausforderungen einer Welterbestätte?
Wenn ein Denkmal, eine Stadt oder Landschaft den Titel „UNESCO-Welterbe“ verliehen bekommt, erfüllt das die jeweiligen Länder mit Stolz. Es stellt sie aber auch vor neue Herausforderungen. Wenn ein Kulturdenkmal oder eine Naturstätte als Welterbe ausgezeichnet sind, steigen die Besucherzahlen. Davon profitieren die Länder in der Regel, da der Tourismus oft eine wichtige Einnahmequelle ist. Ein zu hoher Andrang kann eine Welterbestätte aber wiederum gefährden.
So wurde zum Beispiel die Natur der Galapagosinseln durch die vielen Besucherinnen und Besucher geschädigt und stand eine Zeit lang sogar auf der Roten Liste der UNESCO. Um den Tourismus zu fördern und dabei die Welterbestätten zu schützen, hat die UNESCO ein Programm für „nachhaltigen Tourismus“ ins Leben gerufen, um gemeinsam mit den Welterbestätten Ideen zu entwickeln, wie man mit den vielen Besucherinnen und Besuchern umgehen kann.

5/6 Die Welterbestätte Kloster Lorsch
Im frühen Mittelalter sah die Welt in Deutschland ganz anders aus: Es gab verschiedene Königreiche, Ritter mit Rüstungen und Heilmittel aus Kräutergärten. Es gab natürlich noch keine Handys oder Tablets – nicht einmal Papier, wie wir es heute kennen. Die wenigen Menschen, die lesen und schreiben konnten – oft konnten das nur die Mönche – machten sich Notizen auf Wachstafeln oder schrieben mit Gänsefedern und Tinte auf Elefantenhautpapier. Zu dieser Zeit, um das Jahr 764, wurde in einem kleinen Ort namens Lorsch ein Kloster erbaut.
Das Kloster entwickelte sich bald zu einem der mächtigsten Kulturzentren mit Verbindungen zur ganzen Welt. Besonders das Skriptorium und die umfangreiche Bibliothek machte die Abtei berühmt. Heute sind die noch erhaltenen Werke in 73 Bibliotheken weltweit zu finden. Von der Klosteranlage sind heute noch zwei Bauwerke erhalten: ein Fragment der Klosterkirche und die Königshalle, mit ihrer malerischen Sandsteinfassade. Seit 1991 ist das Kloster Lorsch Weltkulturerbe der UNESCO.

6/6 Die Welterbestätte Haeinsa
Die Geschichte Koreas ist geprägt von vielen mächtigen Königreichen und Dynastien, die einst um die Herrschaft auf der koreanischen Halbinsel rangen. Im 9. Jahrhundert erlebten die Menschen eine kulturelle Blütezeit, vor allem in der buddhistischen Kunst und Architektur. 802 wurde der buddhistische Tempel Haeinsa an der Flanke des Berges Gayasan im heutigen Südkorea erbaut, seine Tore symbolisieren den Weg zur Erleuchtung.
Der Tempel Haeinsa und die Klosteranlage sind eines der wenigen Denkmäler auf der Welt, die über die Jahrhunderte gut erhalten sind. Bis heute leben dort Mönche, studieren und lehren die Weisheiten Buddhas, die im Laufe der Jahrhunderte gesammelt wurden. Die Klosteranlage ist der Aufbewahrungsort der berühmten Druckplatten des „Tripitaka Koreana“. Über 80.000 wertvolle buddhistische Schriften auf hölzernen Druckplatten sind dort zu finden. 1995 ernannte die UNESCO Haeinsa zum Weltkulturerbe.