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Peru

Ein interaktiver Deutschfachraum – Deutsch mit allen Sinnen

Schülerinnen und Schüler vor den Vitrinen voller deutscher Produkte im Deutschfachraum
© Sonia Manocha

Die Deutschlehrerin Sonia Manocha hat am Colegio Peruano-Alemán Beata Imelda, einer Deutschen Auslandsschule bei Lima in Peru, einen interaktiven Fachraum für Deutsch eingerichtet. Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert, dass sie Deutschland so nah kommen können.

Dank des Engagements von Sonia Manocha wurde aus einem ehemals kahlen Raum ein kleines Stück Deutschland in Peru. Gemeinsam mit dem Schultischler hat sie Vitrinen und Schränke für zahlreiches und vielfältiges Material aus Deutschland gebaut.

Der im Februar 2018 eingerichtete Raum enthält viele deutsche Produkte zum Anfassen, wie zum Beispiel Gummibärchen von Haribo, eine Spielzeugwaschmaschine von Miele, einen Steiff-Teddy und Miniaturautos deutscher Hersteller, die in den Vitrinen ausgestellt sind. In den Schränken befinden sich Boxen zu Themen wie zum Beispiel die ehemalige DDR, Weihnachten, Ostern und allgemeine Feste, sowie praktisches Unterrichtsmaterial, das dort für jede Lehrkraft geordnet zur Verfügung steht.

Außerdem gibt es eine Ecke, die dem Schüleraustausch mit deutschen Schulen gewidmet ist, mit Tagebüchern von Schülerinnen und Schülern, die ihre Erfahrungen schildern, sowie Zeitschriften, Bücher, Fühl- und Hörbücher, interaktive Bücher (TipToi), Landkarten, Spiele, Fühlkisten, Wortschatzkisten, Zeitleisten, Puzzles, deutsche Kaufladenprodukte (die man mit echten Münzen bezahlen kann) und vieles mehr.

Schülerinnen und Schüler mit Produkten aus Deutschland. Schülerinnen und Schüler mit Produkten aus Deutschland. | © Sonia Manocha

Wie ist die Idee für den Deutschfachraum entstanden?

Ich wünsche mir im Deutschunterricht eine Verbindung zu echten Gegenständen, mit Situationen vor Ort, damit die Kinder ein Gefühl für die Dinge entwickeln. Weil Deutschland weit weg ist, wollte ich den Schülerinnen und Schülern Deutschland so nahe wie möglich bringen. Der Raum war vorhanden und ich habe mich vom Deutschlandposter des Goethe-Instituts, einer Collage zu Deutschland mit 50 Bildern, und vom Lesetext „Made in Germany – Lieblingsprodukte aus Deutschland“ auf PASCH-net inspirieren lassen.

Die Artikel auf PASCH-net sind so lebensnah. Ich wollte die Website mit den Produkten aber auch mit Texten in den Raum holen, also eine Verbindung vom Digitalen zum Analogen schaffen. Ich hatte große Lust, dieses Projekt umzusetzen und den Raum so authentisch wie möglich zu gestalten. Sämtliche Produkte habe ich in Deutschland, oft secondhand, besorgt oder aus Deutschland bestellt. Die Schulleitung unterstützte die Idee von Anfang an und stellte mir ein Budget zur Verfügung.

Eine Schülerin und ein Schüler beim Puzzeln des Deutschlandpuzzles im Deutschfachraum. © Sonia Manocha

Wie wird der Deutschfachraum genutzt?

Der Raum wird von allen Klassen genutzt, allerdings nur während der Unterrichtszeit und im Klassenverband. Er ist also nicht einfach zu jeder Zeit frei zugänglich. Mit den jüngeren Klassen versuchen wir, den Raum mindestens einmal pro Woche zu besuchen. Wir Lehrkräfte machen in der Regel normalen Unterricht, dieser kann dort aufgrund der Materialien und der Gestaltung handlungsorientierter stattfinden als in den anderen Klassenräumen. Es befindet sich alles in einem Raum, das gesamte Deutsch-Kollegium hat sofort auf alles Zugriff. Damit fällt auch die Differenzierung leichter.

Welche Vorteile hat so ein Raum noch?

Ich möchte damit in erster Linie den Bezug zu Deutschland erhöhen. Manchmal dürfen sich die Kinder und Jugendlichen auch längere Zeit frei im Raum bewegen und Deutschland mit allen Sinnen entdecken. Wenn man verschiedene Gegenstände sehen, teilweise hören und in die Hand nehmen kann, dann beschäftigt man sich damit und verbindet ein Gefühl mit dem Lehrgegenstand. Man erinnert sich besser. Genau das sollen die Schülerinnen und Schüler erleben. Wir möchten damit vor allem die Motivation fördern.

Auch die Thematisierung dessen, was Klischees und Stereotype sind, gelingt sehr gut. Mit älteren Schülerinnen und Schülern kann man schon beim ersten Betreten des Raumes dieses Thema aufgreifen und hinterfragen. Kann man von „typisch deutsch“ sprechen? Was wäre denn dann „typisch peruanisch“?

Ich wollte mit dem Raum auch einen Ort schaffen, der Deutschsprachigen Fachunterricht, wie zum Beispiel Mathematik, Biologie oder Geschichte, und DaF-Unterricht verbinden kann. Dafür sind zum Beispiel die Zeitleisten gedacht, die wir oben an den Wänden angebracht haben oder das Nachspielen von Einkaufsdialogen mit deutschem Geld und Kaufladenprodukten im Mathematikunterricht in der Grundschule.

Schülerinnen und Schüler unterhalten sich in der Schüleraustauschecke. © Sonia Manocha

Wird neben dem landeskundlichen Aspekt auch der Spracherwerb gefördert?

Ja. Aufgrund der vielen Gegenstände, Bücher, Zeitschriften und Tagebücher, der großen Deutschlandkarte, aber auch der Materialien wie selbst erstellten Sprachspielen (Domino, Memory, DSD I-Vorbereitungsspiel) und gekauften Sprachspielen (Boggle, Verbenbingo, und viele weitere) entstehen zahlreiche Sprech- und Übungsanlässe. Je nach Lernstand der Klassen findet der Unterricht ausschließlich auf Deutsch statt. In dem Raum kann das bedingt durch die vielen visuellen Anreize bereits mit einfachen Redemitteln gelingen, wie zum Beispiel „Guck mal hier ...“, „Gib mir das bitte!“, „Wie weit ist es von Köln bis Hamburg?“ „Oh, wie lustig. Zeig mal!“, „Ach, Faber Castell ist eine deutsche Marke?“

Mundharmonika spielende Kinder © Sonia Manocha

Wie reagieren die Schülerinnen und Schüler auf den Raum?

Sie sind gern dort und schätzen den Raum sehr. Die Erfahrungen von Mitschülerinnen und Mitschülern, die an einem Schüleraustausch teilgenommen haben, finden viele sehr interessant und die Verfasserinnen und Verfasser der Tagebücher sind stolz, dass ihre Werke ausgestellt werden. Besonders schön finde ich, dass die Kinder fragen, wann sie wieder nach Deutschland dürfen.

Der Ausdruck „Vamos a Alemania“, also „Wir gehen nach Deutschland“, hat sich schnell eingebürgert und stammt von den Schülerinnen und Schülern selbst. Das zeigt, dass Deutschland mit diesem Raum tatsächlich ein Stück näher an sie heran gerückt ist.

Wie geht es mit dem Raum weiter?

Der Raum soll dauerhaft bestehen bleiben. Ich möchte gerne meine Ideen für handlungsorientierten Unterricht an alle Kolleginnen und Kollegen weitergeben, damit jeder den Raum optimal nutzen kann und in ihm mehr als nur einen normalen Unterrichtsraum sieht.

Aktuell stecken wir noch mitten im Prozess. Für all die kleinen Schätze, die für den Deutschunterricht entstehen, soll es dort künftig einen festen Platz geben. Nach und nach sollen noch weitere typisch deutsche Produkte dazukommen. Auch wenn der Raum Deutschland natürlich nie umfassend abbilden kann, vermittelt er doch ein lebendiges Bild.

  • Toilettenpapier
    © Sonia Manocha
  • Bücher, Kalender und Figuren zum Thema Norddeutschland.
    © Sonia Manocha
  • Schülerin betrachtet eine Vitrine im Deutschfachraum.
    © Sonia Manocha
  • Inhalt der Themenbox DDR.
    © Sonia Manocha
  • Inhalt der Themenbox Fußball.
    © Sonia Manocha
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