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Nordamerika

PASCHtopia – ein virtuelles Spiel für Deutschlernende

Frau mit Headset vor einem Laptop, auf dem PASCHTOPIA steht
© Goethe-Institut Chicago

Beim Deutschlernen gemeinsam ein Abenteuer erleben? Das mirobasierte Spiel PASCHtopia entführt die Teilnehmenden auf eine unbewohnte Inselgruppe – mit vielen Herausforderungen. Worum geht es in dem Spiel und wer hatte die Idee? Theresa Fuchs, Expertin für Unterricht am Goethe-Institut Chicago, gibt einen Einblick in die Spielentwicklung.

Ein Spiel kann so viel bieten: Es fördert die Zusammenarbeit und Kommunikation im Team, regt zum kritischen Denken an, motiviert zum Lernen und vermittelt Inhalte. Genau diese Ziele verfolgt das virtuelle Spiel PASCHtopia, das 2020 von Goethe-Instituten in Nordamerika in Zusammenarbeit mit der Wiener Spieleagentur Playful Solutions entwickelt und mit Schülerinnen und Schülern eines virtuellen PASCH-Camps pilotiert wurde.

Das Spiel basiert auf den methodisch-didaktischen Prinzipien für guten Fremdsprachenunterricht und richtet sich an jugendliche Deutschlernende ab Niveau A2. Über ihren Browser greifen maximal 30 Spielende direkt, kostenfrei und ohne Log-in auf das mirobasierte Spielbrett zu. Die Kommunikation zwischen den Jugendlichen findet auf Zoom oder direkt im Klassenraum statt. Das Spiel kann als Ganzes im Rahmen eines Camps oder einer Projektwoche eingesetzt werden oder modular in Teilen im Deutschunterricht, im Deutschklub oder in einer Konversationsgruppe gespielt werden.

Theresa Fuchs, Expertin für Unterricht am Goethe-Institut Chicago, hat maßgeblich an der Entwicklung von PASCHtopia mitgewirkt. Im Interview erklärt sie, worum es bei dem Spiel geht. Außerdem verrät sie, was bei Spielentwicklungen besonders Spaß macht und was sie dabei lernen durfte.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, PASCHtopia zu entwickeln?

Als im Sommer 2020 absehbar war, dass unser PASCH-Herbst-Camp mit Schülerinnen und Schülern aus den USA und Kanada leider virtuell stattfinden muss, brauchten wir ein cooles Programm, bei dem Begegnung, Kreativität und Spaß genauso im Mittelpunkt stehen wie bei unseren alljährlichen Präsenzcamps in den Rocky Mountains. Eine Diskussion mit Visionärinnen und Aktivisten als Auftakt, ein thematisch passender Song-Writing-Workshop samt Abschlusskonzert mit Einshoch6 bildeten den Rahmen unseres dreitägigen Camp-Programms, dessen inhaltliches Kernstück das Spiel „PASCHtopia“ war.

Wer war an der Entwicklung beteiligt? Welche Phasen durchläuft man dabei?

Das Thema des Camps „Utopie und Vision“ war in einem Jahr wie 2020 schnell gefunden. Klar war auch, dass das Lernen und Anwenden von Deutsch ein Aspekt des Spiels sein würde. Spieldauer und Spielerzahl waren von unserem Herbst-Camp-Format vorgegeben.

Innerhalb weniger Wochen entstand in mehreren Planungssitzungen das Spiel PASCHtopia. Die DaF-Expertise brachten Marlo Burks und Arnim Seelig, zwei Honorarlehrkräfte aus Kanada, sowie die zwei Expertinnen für Unterricht, Theresa Fuchs vom Goethe-Institut Chicago und Kerstin Hämmerling vom Goethe-Institut Boston, ein. Für die Expertise zu Technik und Spielentwicklung holten wir uns professionelle Unterstützung von der Firma Playful Solutions aus Wien.

Für mich war die spannendste Phase die Erprobung. Gemeinsam mit den Camp-Betreuerinnen und -Betreuern lösten wir zunächst selbst die Puzzles und erkundeten das uns neue Tool Miro mit seinen vielfältigen Möglichkeiten, Poster und Texte gemeinsam zu erstellen oder Audios und Videos hochzuladen. Hier und da feilten wir noch an der Navigation und einzelnen A2-gerechten Aufgabenstellungen – und dann ging es los!

Von der Idee bis zum ersten Einsatz des Spiels im PASCH-Camp vergingen zwei Monate, in denen sowohl die Spiele-Entwicklerinnen und Entwickler als auch das Goethe-Team in enger Abstimmung an dem Projekt arbeiteten.

  • Frau mit roten Haaren und einem bunten Pullover schaut auf ihren Laptop
    © Goethe-Institut Chicago
  • Vier Jugendliche mit Masken sitzen an Einzeltischen und lächeln in die Kamera
    © Goethe-Institut Chicago
  • Drei Jugendliche sitzen an Einzeltischen vor ihren Laptops und konzentrieren sich
    © Goethe-Institut Chicago
  • Um was geht es in dem Spiel?

    Zielgruppe sind Jugendliche ab einem Deutschniveau von A2. Dieses ist notwendig, um mit den Vokabelhilfen, die sich direkt auf dem Spielfeld befinden, die Aufgaben zu verstehen und gemeinsam zu bewältigen. Bei diesen geht es um einiges – das Überleben steht auf dem Spiel!

    Die Story ist wie folgt: Die Schülerinnen und Schüler sind auf dem PASCHtopia Archipel gestrandet. Jeweils zu fünft sind sie auf einer einsamen Insel und müssen nun unter Zeitdruck das Überleben sichern: Trinkwasser suchen, eine Methode finden, um Feuer zu machen und die Vegetation der Insel erkunden, um festzustellen, welche Beeren und Pilze essbar sind. Auch ein sicherer Schlafplatz muss gefunden werden.

    In einem nächsten Schritt entscheiden die Spielenden miteinander, wie sie das Leben auf der Insel gestalten wollen. Geleitet von einer Problemstellung zu den sechs großen Themen des Spiels – Kultur, Bildung, Gesundheit, Medien, Diversität und Nachhaltigkeit  – gelangen sie nach der Think-Pair-Share-Methode zu einer gemeinsamen Lösung. Diese wird dokumentiert und den anderen Gruppen am Ende jeder Spielrunde vorgestellt.

    Wie organisieren wir gerechte Bildung? Was machen wir, falls ein bedrohliches Fieber ausbricht? Wie gehen wir mit Fake News über unsere Insel um? Diese und andere gesellschaftliche Themen beschäftigen die Schülerinnen und Schüler auf den sechs Inseln. Ihrer Fantasie sind beim Finden einer Lösung keine Grenzen gesetzt. Es gibt nur eine Regel: Beachtet die Menschenrechte.

    Wer kann mitspielen? Was braucht man dafür und wie arbeiten die Lernenden zusammen? Wie kommen die Deutschkenntnisse ins Spiel?

    Seit unserem ersten Camp im November 2020 mit PASCH-Schülerinnen und -Schülern aus den USA und Kanada wurde PASCHtopia an vielen weiteren Schulen und Universitäten, mit Kindern und Erwachsenen verschiedener Deutschniveaus und in analogen, hybriden und virtuellen Unterrichtskontexten erprobt. Wir empfehlen eine Teilnehmerzahl zwischen fünf und 30, ein Deutschniveau von A2 oder besser und pro Person einen Computer mit stabiler Internetverbindung.

    Alle Spielenden greifen gleichzeitig auf das Spielfeld zu und erarbeiten dort ihre Version eines utopischen Insellebens. Sie müssen sich absprechen, um weiterzukommen – dies lässt sich an Gruppentischen im Klassenzimmer realisieren oder in Break-Out-Rooms im virtuellen Setting. Die Lernenden erarbeiten in jeder Runde ein Produkt: in Runde 1 ein Poster, in Runde 2 einen Text, in Runde 3 ein Video – diese werden auf Deutsch erstellt. In der vierten Runde wählen sie das Format eigenständig.

    Am Ende jeder Runde posten alle Teams ihre Ergebnisse auf dem Spielfeld und stimmen ab, welche Insel sie am liebsten bewohnen würden. Hierzu kommen alle wieder in der großen Runde zusammen. Zwei Drittel der Punkte verteilen die Spielenden selbst, geleitet von der Frage: Auf welcher Insel würdest du am liebsten leben? Ein Drittel wird von der Lehrkraft vergeben, um besonders gute Teamarbeit oder herausragende sprachliche Leistungen zu würdigen.

    Wie waren die Reaktionen der Schülerinnen und Schüler und was nehmen sie aus dem Spiel mit?

    Spaß, neue Kontakte und Ideen sowie die Erfahrung, dass sie bereits in der Lage sind, vieles auf Deutsch auszuhandeln! Dazu möchte ich eine Schülerin zu Wort kommen lassen, die uns eine Feedback-E-Mail geschickt hat:

    „Erst einmal möchte ich mich dafür bedanken, an PASCHtopia teilzunehmen. Ehrlich gesagt war das eins der witzigsten Dinge, die ich je gemacht habe! Ich treffe gern neue Leute aus verschiedenen Städten in Nordamerika und knüpfe Freundschaften und es macht Spaß, zusammen Dinge zu erstellen und miteinander zu interagieren. Es war so interessant (…). Das PASCHtopia-Land war großartig. Ich habe noch nie irgendetwas auch nur annähernd Ähnliches gesehen. Es war innovativ, sah schön aus und die Aktivitäten haben so viel Spaß gemacht. Es war toll zu lesen und zu hören, was die anderen so gemacht haben (…). Ich kam an, ohne richtig viel Deutsch zu können und am Ende konnte ich besser auf Deutsch lesen und interagieren. Das motiviert mich definitiv, diese schöne Sprache weiter zu lernen!“

    Maria Sunnberg, Villa Sainte-Marcelline, Kanada

    Was muss man beachten, wenn man ein virtuelles Spiel entwickelt? Was sind die Lessons Learned?

    Es macht sehr viel Spaß ein Spiel zu entwickeln und es ist motivierend mit professionellen Partnerinnen und Kollegen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Ich persönlich habe viel über Spiellogik und -aufbau gelernt und auch, dass man jungen Schülerinnen und Schülern vertrauen kann, virtuelle Tools mit Bravour und schon nach minimaler Einführung souverän zu bedienen.

    Ein wichtiger Schritt nach der erfolgreichen Pilotierung in unserem virtuellen PASCH-Herbst-Camp war es, das Spiel in flexibel einsetzbare Module zu gliedern und ein Paket für Deutschlehrkräfte zu schnüren, das sie über die Details des Spiels informiert und gut auf den Unterricht mit PASCHtopia vorbereitet. Die Handreichung für Lehrkräfte kann hier eingesehen werden.

    Wie geht es weiter mit PASCHtopia?

    Deutschlehrkräfte aus den USA und Kanada haben regelmäßig die Möglichkeit, an PASCHtopia Schulungen des Goethe-Instituts Chicago teilzunehmen. Sie können dabei das Spiel selbst ausprobieren und herauszufinden, ob das Spiel für ihre Lerngruppe geeignet ist. Ein Spielfeld reservieren können interessierte Lehrkräfte, die PASCHtopia in ihren Unterricht oder als außerschulische Aktivität einplanen möchten, über diesen Link.

    Auch Deutschlernende aus anderen Regionen können die Inselgruppe PASCHtopia besuchen. Auf dem Youtube-Kanal des Goethe-Instituts Chicago gibt es eine Aufzeichnung einer Workshopeinführung. Weitere Informationen sind über die E-Mail-Adresse teacherservice-chicago@goethe.de erhältlich.

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