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Region Südasien

Berufliche Orientierung mit PASCH in Südasien

Wegweiser vor einem Sonnenuntergang
Jan Huber © Unsplash

In Südasien liegt ein Schwerpunkt der PASCH-Arbeit des Goethe-Instituts auf dem Thema berufliche Orientierung. Wie unterstützt PASCH Deutschlernende bei der Berufswahl und beim Start in das Berufsleben? Wie werden die Schulen eingebunden? Welche Rolle spielen PASCH-Alumni und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vor Ort? Der Beitrag gibt einen Einblick in Aktivitäten der Region.

Im Jahr 2021 betreut das Goethe-Institut in Südasien 75 PASCH-Schulen mit knapp 29.000 Schülerinnen und Schülern. Bereits seit einigen Jahren ist die berufliche Orientierung bei vielen PASCH-Aktivitäten in der Region ein zentrales Thema.

Das Alumninetzwerk spielt dabei eine große Rolle. „Wir haben viele Alumni identifiziert, die bereits im Berufsleben stehen und über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen“, sagt Veronika Taranzinskaja, Expertin für Unterricht am Goethe-Institut New Delhi. Immer stärker wird das regionale PASCH-Team bei Aktivitäten zur Berufsorientierung von diesen unterstützt.

Zudem bekräftigten bildungspolitische Entwicklungen in Südasien die Schwerpunktsetzung. „Durch die National Education Policy von 2020“, erklärt Taranzinskaja, „gibt es beispielsweise seitens der indischen Regierung vermehrt Bemühungen, berufliche Orientierung in den regulären Lehrplan zu integrieren.“

Jugendkonferenzen und digitale Schülerreisen

Über Veranstaltungen werden Schülerinnen und Schüler dazu motiviert, sich im weiteren Sinne mit ihrer Zukunft und beruflichen Perspektiven zu beschäftigen. „Sie sollen die Gelegenheit erhalten, an Konferenzen und Workshops teilzunehmen, um im Austausch Ideen für eine bessere Zukunft zu entwickeln“, sagt Taranzinskaja. „Außerdem wollen wir sie mit Expertinnen und Changemakern ins Gespräch bringen.“ An einer Jugendkonferenz im November 2020 nahmen rund 200 Schülerinnen und Schüler aus Indien, Nepal und Bangladesch teil. Sie setzte sich im Rahmen der Konferenz mit dem Konzept des „Sustainopreneurship“ (nachhaltiges Unternehmertum) auseinander und mit der Frage, wie sie zukünftig nachhaltig leben und wirtschaften können. „Das Thema Nachhaltigkeit war für mich ziemlich neu. Wir haben uns schon in der Schule kurz damit befasst. Aber in diesen Workshops habe ich verstanden, was für ein weites Feld das ist", sagt PASCH-Schülerin Khushi Monga bei der Abschlussveranstaltung.

Aber den Jugendlichen werden auch konkrete Berufswege und Ausbildungsmöglichkeiten aufgezeigt. Mitte April 2021 organisierte das Besucherprogramm des Goethe-Instituts eine digitale Reise zum Thema Berufsorientierung. 45 Jugendliche aus fünf Ländern der Region nahmen daran teil. Sie besuchten unter anderem die Berufliche Schule für Banken in Hamburg und tauschten sich mit Gleichaltrigen aus Deutschland über ihre Berufswünsche aus.

Digitale Schülerreise

MINT-Klubs und MINT-Schulpartnerschaften

Das PASCH-Konzept zur beruflichen Orientierung beschränkt sich nicht nur auf außerschulische Aktivitäten. Viele Schulen im südasiatischen Raum haben einen MINT*-Schwerpunkt, auch deshalb, weil Studienfächer wie Ingenieurwesen und Medizin in der Region sehr hoch im Kurs stehen. „Wir wollen durch neue MINT-Angebote an Schulen die fachsprachlichen Kenntnisse fördern. Außerdem soll dadurch auch das Interesse für spezielle Ausbildungsgänge in Deutschland beispielsweise im Bereich der Softwareentwicklung oder der Fachinformatik geweckt werden“, erklärt Taranzinskaja.

Derzeit planen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen vor Ort die Einführung von MINT-Klubs in den Bildungseinrichtungen. In den AGs sollen die Schülerinnen und Schüler projektorientiert und disziplinübergreifend an MINT-Themen arbeiten.

Auf Initiative des Goethe-Instituts New Delhi sind in Zusammenarbeit mit der Netzwerkinitiative „MINT Zukunft schaffen“ seit Beginn der Corona-Pandemie bereits 30 MINT-Schulpartnerschaften zwischen deutschen und südasiatischen Schulen entstanden. Das Kooperationsprojekt trägt den Namen VITAMINT Exchange und wird vom Pädagogischen Austauschdienst (PAD) unterstützt. Im Mai 2021 nahmen 30 Schülerinnen und Schüler aus Indien und Deutschland im Rahmen von VITAMINT Exchange an einem digitalen MINT-Camp teil. Die Jugendlichen besuchten gemeinsam das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt sowie das Mathematik-Museum Arithmeum und gestalteten personalisierte Avatare. Auch außerhalb des Camps konnten die Lernenden an Kurzseminaren zu MINT-Themen wie Game Development, Python, Web Design, Virtual Robotics etc. teilnehmen.

Digitales MINT-Camp

Fortbildungen für Lehrkräfte

Damit die PASCH-Lehrkräfte der Region qualifiziert sind, die MINT-Klubs und die Aktivitäten zur beruflichen Orientierung an ihren Schulen sprachsensibel zu begleiten, werden sie in dem Themenfeld „Fachsprache im Unterricht“ geschult. „Der indische Deutschlehrerverband sieht den jetzigen Zeitpunkt als opportun, die DaF-Lehrkräfte dabei zu unterstützen, den beruflichen Ansatz auch in ihren Unterricht einzubauen und ihre Lernenden über die neuen Möglichkeiten, die durch den Fachkräfteeinwanderungsgesetz entstanden sind, zu informieren“, erklärt Puneet Kaur, Präsidentin des indischen Deutschlehrerverbandes. Daher widmete sich auch die Deutschlehrertagung im August 2021 vollständig dem Thema „Berufliche Bildung“. In einer Podiumsdiskussion wurde beispielsweise über die Zukunft der beruflichen Orientierung an Schulen in Indien diskutiert.

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Das PASCH-Team Südasien setzt bei seinen Bemühungen zur beruflichen Orientierung auch auf die Zusammenarbeit mit der Deutsch-Indischen Handelskammer. Unter der Marke DUALpro konzipiert diese Kurse und schult Ausbildnerinnen und Ausbilder. „Wir denken gemeinsam darüber nach, wie bestimmte Module der beruflichen Orientierung hier zertifiziert werden können und welche Gültigkeit das bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz in Deutschland haben könnte“, erklärt Taranzinskaja. Der Fokus liege auf den Ausbildungsberufen im Bereich Informatik, Softwareingenieurwesen und in der Medizinbranche.

Bei der ersten vom Goethe-Institut organisierten Schulleiterkonferenz des nördlichen Südasiens präsentierte die Deutsch-Indische Handelskammer ein vierstufiges Modell zur beruflichen Orientierung an Schulen. Dieses sieht vor, Schülerinnen und Schüler bereits in der 6. Klasse mithilfe einer spielerischen Potenzialanalyse an das Thema heranzuführen. Auf der letzten Stufe, in Klasse 9, sollen die Teilnehmenden die Möglichkeit erhalten, erste berufliche Erfahrung zu sammeln und ein Praktikum in einem Unternehmen zu absolvieren. Das Konzept stieß bei den Schulleitungen auf großes Interesse.

Praktikumsprogramme

Erste Gemeinschaftsprojekte mit Wirtschaftsunternehmen vor Ort gibt es bereits. In New Delhi kooperiert die PASCH-Initiative bei diversen Veranstaltungen – wie dem PASCH-Alumni-Treffen oder der Jugendkonferenz – mit dem Nahrungsmittelunternehmen Dr. Oetker und der Fluggesellschaft Lufthansa.

Im Mai 2021 hatten 20 PASCH-Schülerinnen und -Schüler aus Indien zum ersten Mal die Möglichkeit, praktische Erfahrungen bei dem Lebensmittelkonzern zu sammeln. Aufgrund der Corona-Pandemie fand das fünftägige Praktikum online statt. Zuerst lernten die Jugendlichen das Unternehmen und seine Abteilungen kennen. Dann wurde ihnen in Kleingruppen Projektaufgaben zugeteilt, die sie angeleitet von Mitarbeitenden der Firma bearbeiteten. Am letzten Tag präsentierten sie ihre Projektergebnisse. Zum Abschluss wurden alle Teilnehmenden zu einer Kochaktivität eingeladen, die von einem Küchenchef der Firma virtuell über Zoom angeleitet wurde. „Dieses Praktikum im schulischen Rahmen war für mich als Deutsch-Schüler eine tolle Erfahrung“, sagt PASCH-Schüler Harshika Garg. „Ich habe viel über Marketing, Produktqualität, Arbeitsplatzmanagement, Verbraucherwünsche und andere Themen gelernt. Außerdem habe ich auch erfahren, wie Diversität am Arbeitsplatz gefördert wird.“

Schulleitungen und Eltern

Im Mai 2021 veranstaltete das Goethe-Institut Südasien eine virtuelle Bildungsreise für Schulleitungen und Bildungsverantwortliche. Dabei konnten diese weitere Einblicke in das deutsche duale Ausbildungssystem gewinnen. Außerdem stand ein Treffen mit Vertretern des Softwarekonzerns SAP SE auf dem Programm. Besonders interessant waren für die Teilnehmenden die Begegnung mit Schülerinnen und Schülern der Beruflichen Schule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg. Diese betonten die Vorteile ihrer Berufswahl: zum einen schon während der Ausbildung, Geld zu verdienen, zum anderen zum Teil bereits vor Beendigung der Berufsausbildung, Jobangebot zu erhalten.

Md. Morshedul Islam, Schulleiter der European Standard School, Dhaka, sagt im Rückblick auf die digitale Exkursion: „Die Berufsbildung hat in Deutschland einen hohen Stellenwert und ist sehr gut strukturiert. Die Veranstaltung hat mir einen Überblick über das duale Ausbildungssystem in Deutschland verschafft. In unserem Land spielt berufliche und technische Ausbildung bei der Qualifizierung von Fachkräften eine entscheidende Rolle. Deshalb fand ich es interessant und nützlich.“

Für Eltern von PASCH-Schülerinnen und -Schülern fand im April 2021 die Veranstaltungsreihe „Karrierewege mit Deutsch“ statt. Eine Woche lang informierten Partnereinrichtungen des Goethe-Instituts – der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), ProRecognition, Universitäten und Stiftungen – sowie PASCH-Alumni in Livestreams auf Facebook rund um die Themen Studium und Arbeit in Deutschland.

Win-win-Situation für PASCH und PASCH-Alumni

Die Einbindung von PASCH-Alumni ist integraler Bestandteil der PASCH-Arbeit zur Berufsorientierung. Derzeit wird das PASCH-Team von rund 20 sogenannten PASCH-Alumni-Ambassadors (PAA) unterstützt. Es handelt sich dabei um PASCH-Alumni mit Berufserfahrung und guten Deutschkenntnissen, die bei der Durchführung von Programmen helfen sowie ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Bezug auf Studium und Beruf mit den Lernenden teilen. Auch der Ausbau des PASCH-Alumni-Netzwerkes und das Rekrutieren weiterer engagierter PASCH-Schulabsolventinnen und -absolventinnen gehört zu ihren Aufgaben.

Ihr Einsatz zahlt sich aus. Durch die Tätigkeit für die PASCH-Initiative sammeln die Alumni vielfältige Erfahrungen, sei es beim Organisieren und Moderieren von Veranstaltungen oder hinsichtlich ihrer digitalen Kompetenzen. Zur Vorbereitung auf diese Aufgaben erhalten sie auch Fortbildungsmöglichkeiten. Zum Beispiel können „Newcomer“ Webinare zum Thema „Projektmanagement“ besuchen. Engagierte PASCH-Alumni erhalten Stipendien, um ihre Deutschkenntnisse auszubauen und übernehmen eventuell Honorartätigkeiten. Bei den Veranstaltungen mit Partnereinrichtungen, Firmen und Vertretern der Wirtschaft knüpfen sie wertvolle Kontakte. „Daraus ergibt sich für beide Seiten – die PASCH-Initiative und die PASCH-Alumni – eine Win-win-Situation“, erklärt Taranzinskaja.

*MINT steht für die Fachrichtungen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

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