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Schule und Ausbildung

Alternative Schulen in Deutschland

Eine Waldorfschülerin
© dpa

In Deutschland gibt es neben Haupt-, Real-, Gesamtschule und Gymnasium noch weitere Schulen mit besonderen pädagogischen Konzepten. Wir haben Schülerinnen und Schüler von alternativen Schulen gefragt, was an ihrer Schule anders ist und was ihnen daran gefällt.

Marvin, 19 Jahre, Waldorfschule

„Anders als an staatlichen Schulen sind an der Waldorfschule schon mal die ganzen Handwerkssachen, die in der Mittelstufe unterrichtet werden: Werken, Schmieden und Handarbeit zum Beispiel. Das habe ich eigentlich immer ganz gerne gemacht. Und die Sprachen werden viel früher gefördert. Wir haben zum Beispiel schon in der ersten Klasse Englisch und ab der zweiten Französisch. In der Oberstufe ist eigentlich nicht viel anders als an staatlichen Schulen – nur, dass der Kontakt zu den Lehrern irgendwie viel persönlicher ist, finde ich. Die Lehrer gehen mehr auf einen ein und fördern auch die Persönlichkeit der Schüler. Von der ersten bis zur achten Klasse hat man einen Klassenlehrer und der Unterricht ist immer im Epochenunterricht gestaffelt. Das bedeutet, dass man drei Wochen am Stück jeden Morgen zwei Stunden dasselbe Fach hat. Zum Beispiel hat man Physik drei Wochen am Stück zwei Stunden morgens und danach wechselt das Fach. Das hat man zum Beispiel zwei Mal im Jahr – und dadurch ergibt sich dann die Gesamtnote im Jahr.“

Was ist anders an der Waldorfschule?

Was gefällt dir an deiner Schule?

Eloise, 17 Jahre, Web-Individualschule

Eloise © privat

„Was anders ist, ist, dass man nicht zur Schule gehen muss. Du hast die Schule zu Hause: Ich melde mich morgens einfach bei Skype an und telefoniere entweder mit meiner Lehrerin oder wir schreiben uns. Sie schickt mir Material und dann bearbeite ich das. Wenn ich Fragen habe, dann rufe ich noch mal an oder schreibe ihr. Und am Ende von einer oder zwei Wochen schicke ich das Material dann zur Schule zurück und bekomme Feedback. Im Moment habe ich gerade Geschichte. Das sind sechzehn Seiten. An drei Tagen mache ich dann die Sachen in Geschichte und an einem Tag habe ich noch Mathe und ein anderes Fach. Bei einem längeren Projekt, wie jetzt in Geschichte, melde ich mich nicht immer bei Skype an. Wenn ich es selber weiß, dann mache ich es selber. Und wenn ich mit einem Fach schneller fertig bin, dann mache ich auch noch ein zweites. Das kommt halt immer drauf an, wie viel ich schaffe.

Also, mir gefällt sehr gut, dass ich mich selber motivieren und selber darüber bestimmen kann, wann ich meine Aufgaben erledige. Denn wenn ich mich nicht selber motivieren würde, dann würde ich es auch nicht schaffen. Das dauert lange, bis du dich selber soweit motivieren kannst. Ich höre auch oft von Freundinnen, dass sie es bewundernswert finden, dass ich es schaffe, das alles selber zu machen. Die Lehrer sind ja weit weg und können mich nicht dazu zwingen. Aber wenn du in der Schule bist, dann musst du die Sachen ja machen, du hast ja keine andere Wahl. Ich möchte zum nächsten Sommer auf jeden Fall auch wieder zur Schule gehen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dann aufs Gymnasium oder auf die Gesamtschule gehen möchte.“

Was ist anders an der Web-Individualschule?

Was gefällt dir an deiner Schule?

Emily, 14 Jahre, UNESCO-Projektschule

Emily © privat

„Also, vom Unterricht her ist nicht viel anders. UNESCO steht ja für United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Das ist eine Organisation, die sich für die Wissenschaften, Bildung und Kultur einsetzt und sich auch ganz viel mit den verschiedenen Kulturen und mit der Gleichberechtigung der Menschen auseinandersetzt. Es gibt zum Beispiel verschiedene UNESCO- AGs: Die Mitglieder treffen sich einmal die Woche und überlegen sich ein Projekt, zu dem sie arbeiten möchten. Dann arbeiten sie daran, bis das Projekt abgeschlossen ist und stellen das dann zum Beispiel am Tag der offenen Tür vor. Wir haben dieses Jahr ein Schulfest gemacht zum 60-jährigen Jubiläum der UNESCO und unsere Klasse hat sich von der Organisation UNHCR dazu ein Flüchtlingszelt ausgeliehen. Das haben wir auf dem Schulhof aufgebaut. Dann haben wir noch zu Flüchtlingen und der aktuellen Flüchtlingssituation in Syrien gearbeitet. Alle Interessierten konnten zu uns kommen und wir haben sie darüber informiert. Seit ich an der Schule bin, gab es noch überhaupt keine rassistischen Vorfälle und uns wird von Anfang an klar gemacht, dass wir alle gleich sind – und, dass die Verschiedenheit der Religionen und der Herkunftsländer eine Bereicherung ist und man daraus auch viel lernen kann.“

Was ist anders an der UNESCO-Projektschule?

Was gefällt dir an deiner Schule?

Waldorfschule

233 Waldorfschulen gibt es in Deutschland. Dabei handelt es sich um freie Schulen, die an den pädagogischen Grundsätzen von Rudolf Steiner ausgerichtet sind. Die Lehrpläne der Waldorfschulen berücksichtigen die von Steiner begründete Menschenkunde ( Anthroposophie) und nehmen besondere Rücksicht auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Der Unterricht beinhaltet auch handwerkliche und künstlerische Fächer, die Schülerinnen und Schüler bekommen bis zur achten Klasse keine Noten, können nicht sitzen bleiben und sollen insbesondere soziale Kompetenzen entwickeln.

www.waldorfschule.de

Web-Individualschule

Wer auf die Web-Individualschule geht, ist von der Schulpflicht befreit. Die Schülerinnen und Schüler der Bochumer Online-Schule leben im Ausland, manche sind
prominent oder können aus gesundheitlichen Gründen nicht am Regelunterricht teilnehmen. Der Unterricht findet per Computer und Videotelefon (Skype) statt. Jede Schülerin beziehungsweise jeder Schüler bekommt individuell angepassten Lernstoff und kann so einen Haupt- oder Realschulabschluss machen oder die Fachoberschulreife erwerben.

www.web-individualschule.de

UNESCO-Projektschulen

Die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) ist eine internationale Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. In Deutschland gibt es rund 200 UNESCO-Projektschulen die insbesondere die Leitlinien der UNESCO vermitteln und in AGs und Projekten fördern: die Einhaltung der Menschenrechte, internationale Verständigung, interkulturelles Lernen, kulturelle Bildung, Umweltbildung und der gerechte Ausgleich zwischen Arm und Reich. Themen wie Menschenrechte, Umweltschutz und Toleranz werden im Unterricht behandelt und in Projektarbeiten vermittelt.

www.ups-schulen.de

die Hauptschule, die Hauptschulen: eine Schule, die Kinder nach der Grundschule besuchen können. Die Hauptschule kann man nach neun Jahren mit dem Hauptschulabschluss abschließen.
die Realschule, die Realschulen: eine Schule, die Kinder nach der Grundschule bis zur zehnten Klasse besuchen können. Die Realschule kann man mit dem Hauptschulabschluss oder der Mittleren Reife abschließen
die Gesamtschule, die Gesamtschulen: eine Schule, die Kinder nach der Grundschule besuchen können. Die Gesamtschule fasst Haupt-, Realschule und Gymnasium zusammen. Man kann sie mit dem Hauptschulabschluss, der mittleren Reife oder dem Abitur abschließen
das Gymnasium, die Gymnasien: eine Schule, die Kinder nach der Grundschule besuchen können. Das Gymnasium ist die höchste Schulform in Deutschland. Man kann das Gymnasium nach zwölf oder dreizehn Jahren mit dem Abitur abschließen
die alternative Schule, die alternativen Schulen: Schulen, die das Lernen im Gegensatz zu den Regelschulen (Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gesamtschule, Gymnasium) anders als üblich organisieren
die staatliche Schule, die staatlichen Schulen: alle Schularten (Grundschule, Haupt- und Realschule, Gymnasium, Gesamtschule) außer Sonderschule oder Förderschule, die der Staat finanziert
das Handwerk: hier: Tätigkeiten, bei denen man etwas mit der Hand, mit Werkzeugen oder mit Maschinen produziert
die Mittelstufe: mittlere Jahrgänge, in der Regel vom achten bis zehnten Schuljahr
die Oberstufe: obere Klassen der höheren Schulen (z.B. Gymnasium oder Gesamtschule), in der Regel vom zehnten bzw. elften bis zum zwölften bzw. dreizehnten Schuljahr
das Fach, die Fächer: umgangssprachlich für Schulfach
die Gesamtnote, die Gesamtnoten: mehrere einzelne Bewertungen führen zu einer Note
Skype: eine Software, mit der man über das Internet miteinander telefonieren kann
das Feedback, die Feedbacks: Rückmeldung
sich motivieren: hier: sich dazu bringen, etwas Bestimmtes zu tun
bewundernswert: hier: Die Freundinnen sind beeindruckt, dass Eloise es schafft, alles selbst zu machen.
zwingen: jemanden dazu veranlassen, etwas zu tun
keine andere Wahl haben: Man muss etwas tun und kann nicht selbst darüber entscheiden.
keine andere Wahl haben: Man muss etwas tun und kann nicht selbst darüber entscheiden.
die Gleichberechtigung: Alle Menschen, zum Beispiel Männer und Frauen, haben die gleichen Rechte.
die AG, die AGs: Abkürzung für Arbeitsgemeinschaft: Mehrere Personen arbeiten zusammen an etwas Bestimmten in einer Gruppe.
Tag der offenen Tür: Ein Tag, an dem Einrichtungen (hier: die Schule) für Besucher geöffnet haben. Die Besucher informieren sich an diesem Tag über die Einrichtung.
das Jubiläum, die Jubiläen: Jahrestag eines bestimmten Ereignisses, an dem man ein Fest feiert.
UNHCR: Abkürzung für United Nations High Commissioner for Refugees/Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen: eine Behörde der Vereinten Nationen, die sich für den Schutz von Flüchtlingen auf der Welt einsetzt
das Flüchtlingszelt, die Flüchtlingszelte: Schlafmöglichkeit für Vertriebene in Lagern
der Flüchtling, die Flüchtlinge: eine Person, die das Land, in der sie lebt, verlassen hat, weil sie dort verfolgt oder bedroht wird, z.B. weil Krieg herrscht.
rassistisch: fremdenfeindlich, ausländerfeindlich
die Verschiedenheit, die Verschiedenheiten: etwas ist unterschiedlich
die freie Schulen, die freien Schulen: Schulen, die nicht der Staat, sondern ein freier Träger (z.B. Vereine oder Unternehmen) finanziert
der Lehrplan, die Lehrpläne: ein Plan für die Inhalte und Methoden in einem Schulfach
die Anthroposophie: bestimmte, von Rudolf Steiner begründete Ansichten über die Welt. Dabei steht das Übersinnliche im Mittelpunkt.
sitzen bleiben: die nächsthöhere Schulklasse nicht erreichen
die soziale Kompetenz, die soziale Kompetenzen: Kenntnisse und Fähigkeiten, die man haben muss, um gut mit anderen Menschen umzugehen
die Schulpflicht: In Deutschland müssen Kinder ab einem bestimmten Alter (in der Regel ab sechs oder sieben Jahren) neun oder zehn Jahre lang zur Schule gehen. Dazu gibt es ein Gesetz.
von etwas befreit sein: hier: Für die Schülerinnen und Schüler der Web-Individualschule gilt die Schulpflicht nicht.
prominent: bekannt, berühmt
der Regelunterricht: Unterricht nach bestimmten festgelegten Vorgaben
die Fachoberschulreife: ein Abschluss, mit dem Schülerinnen und Schüler zu einer Fachoberschule gehen können. Die Fachoberschule bereitet auf einen bestimmten Beruf vor.
die Vereinten Nationen: United Nations (UN): Zusammenschluss von 193 Staaten, der sich insbesondere für den Weltfrieden und die internationale Zusammenarbeit einsetzt
die Leitlinie, die Leitlinien: Grundsätze, nach denen man handelt
das Menschenrecht, die Menschenrechte: bestimmte Rechte, die jedem Menschen zustehen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder Alter. Die Staaten müssen diese Rechte achten und schützen.
Interkulturelles Lernen: Schülerinnen und Schüler lernen, erfolgreich mit Menschen aus anderen Kulturen zu arbeiten und sich miteinander zu verständigen.
Ausgleich zwischen Arm und Reich: Das Geld soll zwischen armen und reichen Menschen gerecht verteilt werden.