Der Beginn des Ersten Weltkriegs jährte sich 2014 zum 100. Mal. Lena aus Gelsenkirchen und Anna und Conrad aus Berlin berichten, was sie mit diesem Krieg verbinden.
Anna (18): „Kritisch sein – das kann man aus der Geschichte lernen“
„Der Erste Weltkrieg ist 100 Jahre her. Das ist für mich schon was relativ Abstraktes, womit ich persönlich überhaupt nicht mehr in Berührung komme. Da gibt es weder Menschen oder Schicksale, noch irgendwelche Orte oder Gedenkstätten, die mir in den Sinn kommen würden.
Aber es ist wichtig, sich mit Geschichte zu beschäftigen, weil man viel daraus lernt und nur so auch eine stabile Zukunft entwickeln kann. Am Ersten Weltkrieg war interessant zu beobachten, wie sehr sich ganz normale Männer durch die Massenmobilisierung beeinflussen ließen. Und man sollte vielleicht daraus lernen, als Mensch erstmal allem mit kritischem Auge gegenüberzustehen, bevor man mit der Masse mitzieht.
Ich fand‘s interessant, was für eine Autorität Politik besitzt und wie schnell sie Menschen beeinflussen kann, ohne dass ein Mensch seinen Verstand einschaltet und darüber nachdenkt, was seine eigene Meinung dazu ist.“
Anna besucht die Evangelische Schule Berlin-Köpenick.
Das fand Anna am Verlauf des Krieges interessant.Der Erste Weltkrieg ist für Anna etwas Abstraktes.
Das kann man nach Annas Meinung aus Geschichte lernen.
Lena (18): „Alle haben angefangen zu weinen“
„An unserer Schule gibt es schon seit mehreren Jahren ein Friedensprojekt zum Ersten Weltkrieg. Dazu gehört, die Lebensgeschichten
gefallener deutscher Soldaten zu recherchieren. In meinem Fall ging es um Johann Gräf aus Kirchenlamitz in Bayern. Er war
Schuhmacher und musste kurz nach seiner Hochzeit 1914 an die
Front, 1917 ist er im Krieg gestorben. Mit Hilfe des
Stadtarchivars von Kirchenlamitz haben wir
Nachfahren von Johann Gräf
ausfindig gemacht. Millionen von Toten im Ersten Weltkrieg – das ist so eine
unfassbare Zahl. Wenn man sich wie wir mit dem
Schicksal eines einzelnen Soldaten beschäftigt, ist das viel persönlicher, es berührt einen viel mehr.
Richtig überwältigend war dann unser Besuch in Ypern. Die belgische Stadt war im Ersten Weltkrieg Schauplatz erbitterter Schlachten. Denkmäler und Soldatenfriedhöfe erinnern an die Opfer, eines davon ist Johann Gräf. Der krasse Unterschied zur vorangegangenen Projektarbeit war das Gefühl dort. Ein Dudelsack spielte, wir haben einen Kranz niedergelegt, ich hatte Gänsehaut und Gedanken wie: Es hätte auch ein Verwandter von mir sein können. Alle, die dabei waren, waren überwältigt und haben angefangen zu weinen. Bei der Gedenkfeier für Johann Gräf auf einem Soldatenfriedhof habe ich die Rede gehalten, das wollte ich unbedingt, weil ich so überzeugt bin von dem Projekt. Ich finde, der Erste Weltkrieg ist keine abgeschlossene Epoche. In einem Land wie Deutschland, das diesen Krieg und dann auch noch den Zweiten Weltkrieg angefangen hat, sollte das nicht in Vergessenheit geraten.“
Lena besucht die Gesamtschule Berger Feld in Gelsenkirchen.
Conrad (18): „Krieg zu verhindern ist das Ziel Nummer eins“
„Ich finde die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs ganz interessant. Dass sich Deutschland unter
Wilhelm II.:. aus dem bis dahin bestehenden internationalen
Bündnissystem mehr oder weniger
ausgeklinkt hat. Dazu das
Wettrüsten, besonders im
Flottenbau zwischen Deutschland und Großbritannien. Und das „Pulverfass Balkan“ mit den Konflikten der Balkanstaaten untereinander. Der endgültige Auslöser des Ersten Weltkriegs war das
Attentat von Sarajewo 1914, als der österreichisch-ungarische
Thronfolger Franz-Ferdinand in Sarajewo von einem Attentäter erschossen wurde. Österreich-Ungarn hat dann Serbien ein
Ultimatum gestellt, aber so, dass es nicht
einzuhalten war.
Der Erste Weltkrieg hatte eine ganz andere Dimension als die Kriege davor. Das lag zum einen an der Industrialisierung, also daran, dass Kriegsmaterial in Massen vorhanden war und auch genutzt wurde. Dazu kamen veränderte Strategien, dass es zum Beispiel Luftangriffe gab und auch auf dem Meer verstärkt Krieg geführt wurde.
Es ist natürlich das Ziel Nummer eins, dass man so etwas verhindert. Dass so was nie wieder vorkommt, dass diese Masse an Schicksalen so zerstört wird. Die ganzen Menschen, die da gelitten haben, nicht nur in den Kriegsjahren, auch davor und danach …“
Conrad besucht die Evangelische Schule Berlin-Köpenick.
Conrad über den Auslöser des Ersten Weltkriegs.